Conquer your soul

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An einem Morgen übergab man ihm kurz nach Sonnenaufgang drei Wünsche, die er sich selbst einteilen konnte. Es war einer dieser Morgen, die sich rätselhaft in die Länge zogen; etwas also, das ihm nicht unbekannt war. Zwischen frisch aufgebrühtem Kaffee und Weizenbrötchen dachte er nach. Sein Blick klebte am Horizont. Als er die Tasse vom Mund absetzte und die Augen zusammenkniff, wurde alles viel leiser als sonst. Im Namen aller Gehetzten sprang er wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl hoch, ließ die halbvolle Tasse Kaffee aus seinen Händen gleiten, eilte schnurstraks aus dem Zimmer, stieß sich sein Knie am Türrahmen, humpelte mit dem Rest Energie, die ihm verblieb, zu seinem Notizbuch und schlug eine leere Seite auf. Er hatte Atemnot, schloss seinen Mund und lauschte aufmerksam dem Dröhnen der Stille. Das Notizbuch und der Stift ruhten fest umklammert in seinen Händen. Das Herz pochte laut und schnell in seiner Brust, der Puls wummerte sich auf leisen Sohlen durch seine Gehörgänge. Dass er schon schrieb, merkte er erst, als er seinen Blick senkte. In krakeliger Schrift stand da geschrieben: »Was macht ihr nur mit uns?«

Lautlos tropfte Kaffee auf den Küchenboden.

Und so wie dieser Satz da stand, stoppte alles, was mit klebrig-süßer Existenz überzogen war. Nichts, was davor hätte stehen können, war von Bedeutung. Nichts, was hätte folgen können, war erschwinglich. Ein Raunen flutete alles, was in Sichtweite war, hier und da fiel ein Blatt vom Baum. Sein erster Wunsch ging in diesem Augenblick in Erfüllung. Noch bevor er ihn zu Ende hätte denken können, wurde dieser Planet aus seiner Laufbahn geschossen und flatterte nun mit einem gewaltigen Drall durchs All. Mit jeder Umdrehung ging etwas verloren, sausten die Dinge nur so davon bis nichts mehr übrig blieb und der Himmel sich erhellte.

Benommen stand er auf, klopfte sich den Sand aus den Kleidern und sah sich um. Es war nichts zu erkennen, nichts da, das auf etwas zurückzuführen war. Seine Hand glitt durch sein Haar und er atmete tief durch. So stand er eine ganze Weile auf einem Fleck, die nackten Füße halb mit Sand bedeckt. Instinktiv setzte er ein Bein vor das andere, schloss seine Augen und erhob seine Arme langsam, als würde er zum Flug ansetzen. Es war ungewiss, wie viel Zeit jetzt noch verstreichen würde, wie viel verstrichen war und ob das der letzte Morgen der Menschheit gewesen sein sollte. Sein zweiter Wunsch ging in Erfüllung, und so erschrak er nicht, als drüben am greifbaren Horizont leise ein Telefon klingelte. Stundenlang bewegte er sich darauf zu, zählte seine Gedanken und überstieg abwesend kleine herkunftslose Sandburgen, die halbverweht in der Sonne glitzerten und einen Pfad markierten. Als er das immer noch klingelnde Telefon erreichte, setzte er sich daneben, sammelte sich kurz und nahm ab. Eine verzerrte Stimm lärmte undeutliche Gesprächsfetzen. Es war als säße am anderen Ende der Leitung im Nirgendwo ein Grammophon, auf dessen Teller eine vergessene Zink-Schallplatte vor sich hin eierte.

»Ich möchte um Verzeihung bitten«, sagte er mit trauriger Stimme in den Apparat. Schweiß tropfte von seiner Nase auf das Kohlemikrofon des Telefonhörers in seiner Hand. Seine Augen pendelten zwischen seinen Füßen hin und her, die sich durch den Sand wühlten. Er ließ Sand durch die andere Hand auf sein Schienbein rieseln, der sich hilflos in den Beinhaaren verfing. Ihm war flau im Magen, Müdigkeit tränkte sein Gemüt in Kompromissbereitschaft. Es dauerte nicht lange, da nahm der dritte Wunsch in seinem Kopf Gestalt an. Am anderen Ende der Leitung knisterte es geduldig.